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betrdi:eku [2017/06/05 22:25] brodesser [Unterbringung von Einsatzkräften bei mehrtägigen Einsätzen der überörtlichen Hilfe] |
betrdi:eku [2020/04/11 12:57] |
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- | ====== Unterbringung von Einsatzkräften bei mehrtägigen Einsätzen der überörtlichen Hilfe ====== | ||
- | Verfasser: Christoph Brodesser \\ | ||
- | Foto: WESTFÄLISCHE NACHRICHTEN | ||
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- | ===== 1 Vorbemerkung ===== | ||
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- | Sowohl geplante als auch ungeplante Einsätze im eigenen Wohnortbereich werden in aller Regel so vorbereitet sein, dass die Einsatzkräfte in ihrer privaten Wohnung übernachten können. Anders sieht dies jedoch aus, wenn Einsatzformationen mit ihren Einsatzkräften über mehrere Tage hinweg in der überörtlichen Hilfe tätig werden. In diesen Fällen ist es notwendig, eine Unterkunft bereitzustellen, | ||
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- | Eine landes- oder bundesweit flächendeckend zerstörte Infrastruktur ist bei den verschiedenen Schadenszenarien und bei Betrachtung der Einsätze der vergangenen Jahre nicht anzunehmen. Dies hat zur Folge, dass bereits in einem Abstand von wenigen Kilometern zum Schaden- und Einsatzgebiet mit einer weitgehend intakten Infrastruktur zu rechnen ist, die für die Unterbringung und Erholung von Einsatzkräften genutzt werden kann. So war z.B. bei den Hochwasserlagen an Oder und Elbe im vergangenen Jahrzehnt bereits in einem Abstand von weniger als 10 Kilometern zum Schadengebiet ein von den Überschwemmungsereignissen unberührtes Gebiet vorzufinden, | ||
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- | ===== 2 Bei vorgeplanten Einsätzen: soweit immer möglich Unterbringung in Beherbergungsbetrieben ===== | ||
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- | Verantwortliche Führungskräfte werden also in enger Abstimmung mit dem einsatzleitenden Kreisverband und ggf. der den Einsatz anordnenden Behörde Vorsorge dafür zu treffen haben, für die Unterbringung ihrer Einsatzkräfte wenn irgend möglich Beherbergungsbetriebe (Hotels oder auch Jugendherbergen) anzumieten. Insbesondere gilt dies für vorgeplante Einsätze; in diesen Fällen wird es kaum einen vernünftigen Grund geben, im Rahmen der Planung eine nicht den heute üblichen Standards angemessene Unterkunft bereitzustellen. {{: | ||
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- | ===== 3 Bei Einsätzen aus der Alarmierung heraus: im Ausnahmefall Gemeinschaftsunterkünfte ===== | ||
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- | Es wird jedoch nicht immer zu verhindern sein, dass diese Grundsätze insbesondere bei Einsätzen aus der Alarmierung heraus nicht eingehalten werden können. Zwar sollte auch dann eine Unterbringung in Beherbergungsbetrieben angestrebt werden und eine feldmäßige Unterbringung in Zelten oder Gemeinschaftsunterkünften darf nur die Ausnahme von der Regel sein, jedoch wird sich dies nicht in jedem Fall sicher vermeiden lassen. | ||
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- | Bei der Belegung von Gemeinschaftsunterkünften sind Fragen der Hygiene, aber auch des Schutzes des Persönlichkeitsbereiches und der Intimsphäre der Einsatzkräfte besonders zu berücksichtigen. Mehrbettunterbringung ist zwar denkbar, sollte aber ein Maß von zwei, im Ausnahmefall max. vier Personen pro Unterkunftsraum nicht übersteigen. Eine Unterbringung von mehr als vier Personen in einem Raum für mehr als eine Nacht muss dabei die absolute Ausnahme bleiben und bedarf der Begründung, | ||
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- | Eine Mindestqualität muss auch für das einzusetzende Unterkunftsgerät gewährleistet sein: feste Betten, im Ausnahmefall die bekannten disc-o-beds((Wenn auch disc-o-beds oder bunk-o-beds im Bedarfsfall bei geringem zur Verfügung stehendem Raum doppelstöckig aufgebaut werden können, sollte darauf bei der Einsatzkräfteunterbringung soweit wie möglich verzichtet werden.)) oder Feldbetten, ergänzt durch mindestens einen Stuhl pro Bettplatz und für max. vier Personen einem Tisch sind als Grundanforderung vorzusehen. Für die Unterbringung persönlichen Gepäcks und persönlicher Gegenstände müssen (abschließbare) Schränke oder Spinde((Mit der Möglichkeit des Abschließens durch Vorhängeschlösser)) vorhanden sein. Rückzugsmöglichkeiten für die Freizeit müssen ebenso geplant werden wie die Möglichkeit, | ||
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- | Die Erfüllung dieser Anforderungen bei einem mehrtägigen Einsatz erfordert Vorbereitungen in erheblichen Umfang, so dass auch hier einer Übernachtung in Beherbergungsbetrieben und dem Transfer vom Einsatzraum in eine angemessene Unterkunft der Vorzug zu geben sein wird, wenn sich dies unter zeitlichen und räumlichen Gesichtspunkten realisieren lässt – der Nutzen „ausgeschlafener“ Einsatzkräfte wird den zeitlichen und finanziellen Aufwand hierfür in aller Regel mehr als aufwiegen. | ||
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- | ===== 4 Unterkunftsbetrieb ist keine Aufgabe der Einsatzkräfte des Primäreinsatzes ===== | ||
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- | Ist es bei Abwägung aller Alternativen tatsächlich erforderlich, | ||
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- | ==== 4.1 Aufbau, Betrieb und Rückbau ==== | ||
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- | Aufbau und späterer Rückbau einer selbst einzurichtenden Unterkunft lassen sich zeitlich und vom Personalansatz her nicht mit hinreichender Genauigkeit vorplanen, da sie sehr stark von der Art und dem baulichen Zustand der vorgesehenen Liegenschaft abhängen. Hier ist eine rechtzeitige Erkundung durch ein Vorkommando erforderlich. Soweit Unterstützungsleistungen aus der gewerblichen Wirtschaft benötigt werden (z.B. Anlieferung und Aufbau von Toiletten- und Sanitäranlagen, | ||
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- | Für den Betrieb einer Unterkunft lassen Erfahrungen erkennen, dass ein Kräfteansatz von ca. 1:40 (ohne Führung und Verpflegungsherstellung/ | ||
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- | ==== 4.2 Verpflegung ==== | ||
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- | Soweit bei selbst eingerichteten Unterkünften die Herstellung und Ausgabe von Verpflegung durch eigene Einsatzkräfte erfolgen muss, sind die hierfür erforderlichen Kräfte dem Innendienstleiter zuzuordnen und zu unterstellen. Zu beachten ist, dass auch diese Kräfte unterzubringen sind – hierfür gelten dann die gleichen Grundsätze wie für alle anderen Kräfte. | ||
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- | Für die Herstellung und die Bereitstellung der Verpflegung sind die Berechnungsgrundlagen des Verpflegungsdienstes heranzuziehen, | ||
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- | Es sollte dabei beachtet werden, dass die Verpflegungsherstellung für die Einsatzkräfteunterbringung getrennt von der Verpflegungsherstellung für Betroffene oder den Mahlzeiten im Einsatzraum erfolgt (z.B. durch einen eigenen Verpflegungstrupp der Unterkunft, der dem Innendienstleiter unterstellt ist). | ||
- | Da in der Unterkunft üblicherweise nur zwei Mahlzeiten gereicht werden (Frühstück und Abendessen; das Mittagessen wird als Einsatzverpflegung durch dort eingesetzte Verpflegungseinheiten an die Einsatzstellen angeliefert), | ||
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- | ==== 4.3 Gebrauchsartikel ==== | ||
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- | Soweit Textilien (Bettwäsche, | ||
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- | ==== 4.4 Sanitäranlagen ==== | ||
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- | Der Betrieb und die Reinigung von Sanitäranlagen kann durch eigene Einsatzkräfte in der Regel nicht sichergestellt werden, da hierfür weder Gerätschaften noch die erforderliche Ausbildung zur Verfügung stehen. Diese Leistungen sind daher aus der gewerblichen Wirtschaft einzukaufen, | ||
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- | Gerade für Einsatzkräfte ist die Möglichkeit zur persönlichen Hygiene von hohem Wert zum Erhalt der Gesundheit und des Einsatzwertes. Soweit also sanitäre Einrichtungen und Duschanlagen in der Liegenschaft nicht oder nicht in ausreichender Anzahl vorhanden sind, müssen daher Dusch- und Sanitärcontainer angemietet werden; der Innendienstleiter ist durch die einsatzleitende Stelle zu bevollmächtigen, | ||
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- | ==== 4.5 Kommunikationsmöglichkeiten ==== | ||
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- | Den in der Unterkunft untergebrachten Einsatzkräften muss die Möglichkeit gegeben werden, mit ihren Angehörigen und Dritten zu kommunizieren und am täglichen Leben teilzunehmen (z.B. Internet-Zugang). In Anbetracht der hohen Verfügbarkeit moderner Kommunikationstechnik aus privaten Beständen bei den Einsatzkräften erscheint in der heutigen Zeit die Bereitstellung von Festnetztelefonen für diesen Zweck nicht mehr erforderlich. Soweit aber keine eigene Netzversorgung in der gesamten Unterkunft genutzt werden kann (in gewerblichen Unterkunftsbetrieben ist dies häufig sichergestellt), | ||
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- | ==== 4.6 Unterkunftsreinigung ==== | ||
- | Die " | ||
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- | ===== 5 Aufgaben des Innendienstleiters beim Betrieb von Einsatzkräfteunterkünften ===== | ||
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- | Unabhängig davon, ob gewerbliche Beherbergungsbetriebe genutzt werden oder aber eine eigenständige behelfsmäßige Unterkunft aufgebaut werden soll, ist es erforderlich, | ||
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- | In aller Regel wird für alle diese Aufgabe der Einsatz eines Trupps (1/ | ||
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- | Der Innendienstleiter und sein Trupp haben in der Unterkunft gegenüber allen dort untergebrachten Einsatzkräften Vorgesetzteneigenschaft, | ||
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- | Sinnvollerweise führt der Innendienstleiter mit seinen Kräften eine Belegungsübersicht der zur Verfügung stehenden Unterkunftsräume (wer wohnt in welchem Zimmer?), um bei Nachfragen gezielt einzelne Kräfte ansprechen zu können, ohne die ruhende Einheit in ihrer Gesamtheit zu stören. Außerdem ist es sinnvoll, durch den Innendienstleiter eine „Kommt-Geht-Übersicht“ zu führen; auch hier ist das Ziel die jederzeitige Übersicht über die Belegung und den Verbleib der einzelnen Kräfte. Dies gilt insbesondere bei Abwesenheit einzelner Kräfte z.B. für Arztbesuche oder einzelne Besorgungen. Vorteilhafterweise können hierfür technische Systeme genutzt werden (z.B. " | ||
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- | Zu beachten ist, dass der Innendienstleiter nicht für die Genehmigung von Abwesenheiten von Kräften der untergebrachten Einheit zuständig ist. Dies obliegt weiterhin den Führungskräften der Einheit, die in der Unterkunft wohnen! | ||
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- | ===== 6 Rückgabe/ | ||
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- | Nach Beendigung der Unterbringung von Einsatzkräften wird die Unterkunft durch den Innendienstleiter an den Beherbergungsbetrieb zurückübergeben. Dies geschieht durch Begehung der einzelnen genutzten Räume mit dem Beauftragten des Beherbergungsbetriebs und die Dokumentation von Verlusten oder Beschädigungen, | ||
- | Soweit es sich um eine selbsterrichtete Unterkunft handelt, übergibt der Innendienstleiter die in die Unterkunft eingebrachten Materialien an die Beauftragten der Stelle zurück, die dieses Material zur Verfügung gestellt haben. Auch hier ist eine Dokumentation von Verlusten, Beschädigungen etc. für die spätere Kostenabrechnung erforderlich. | ||
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- | ===== 7 Zusammenfassung ===== | ||
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- | Die Helferinnen und Helfer des Deutschen Roten Kreuzes nehmen insbesondere auch in der überörtlichen Hilfe ihre Aufgaben mit hohem Engagement und großer Einsatzfreude wahr. Umso wichtiger ist es, dass die Rahmenbedingungen eines solchen Einsatzes so gestaltet sind, dass Gesundheit und Einsatzfähigkeit nicht geschmälert oder gar gefährdet werden. Dabei kommen der Unterbringung und Versorgung eine Bedeutung zu, die kaum unterschätzt werden kann. Eine sachgerechte, | ||
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- | Eine angemessene Einsatzkräfteunterbringung wird den bekannten Satz dann wieder bekräftigen: | ||
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- | **Logistik ist nicht alles - aber: \\ | ||
- | ohne Logistik ist alles nichts** | ||
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